Kaufering, 1. August 2024 – Bauen mit Holz ist ein Megatrend und sogar Hochhäuser werden inzwischen aus dem nachhaltigen Material errichtet. Neben architektonischen und technischen Herausforderungen, die gemeistert werden müssen, spielt besonders der Brandschutz bei Holzbauprojekten dieser Größenordnung eine zentrale Rolle. Wie eine frühe und detaillierte Planung mit allen am Bau Beteiligten der Schlüssel zum Er-folg für einen reibungslosen Baufortschritt sein kann, zeigt sich eindrucksvoll am Megaprojekt „Roots“ in der Hamburger HafenCity.
Das „Roots“ befindet sich seit 2020 im Bau und ist mit 65 Metern Höhe das derzeit höchste Holzhaus in Deutschlands. Insgesamt werden über 5.500 Kubikmeter Nadelholz verbaut. In 19 Geschossen entstehen auf einer Fläche von 21.300 Quadratmetern 128 Eigentumswohnungen sowie 53 öffentlich geförderte Wohnungen, die einen spektakulären Ausblick auf den Hamburger Hafen und die Elbe bieten. Im Erdgeschoss, Warftgeschoss sowie im ersten und zweiten Obergeschoss des Turmes bezieht die Deutsche Wildtier Stiftung Büroflächen sowie Räume für die Ausstellung „Fuchs, Hase & Co“. Die Fertigstellung des Gebäudes ist im Lauf des Jahres 2024 geplant.
Für die Errichtung des Hochhauses in Holzbauweise gibt es vielfältige Gründe: zum einen sollte in der HafenCity, Europas größtem innerstädtischem Stadtentwicklungsvorhaben, ein nachhaltiges Gebäude errichtet werden, zum anderen war die Gründungssituation in einem alten und sturmflutgefährdeten Bereich des Hamburger Hafens, anspruchsvoll. Der Unter-grund bot sich für die Holzbauweise an, da Holz bei annähernd gleicher Tragfähigkeit wesentlich leichter ist als die traditionelle Bauweise mit Beton. Zudem ist Holz ein nachwach-sender Rohstoff, der sich energiearm rückbauen und recyceln lässt. Und da Holz als Baumaterial Kohlenstoff speichert, anstatt ihn freizusetzen, kann das „Roots“ mit einer guten CO2 -Bilanz aufwarten: im Vergleich zu einem traditionell errichteten Massivbau werden etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen eingespart. Vergleicht man die Holzgeschosse gegenüber einer konventionellen Bauweise betragen die Einsparungen sogar an die 60 Prozent. Darüber hin-aus bringt Holz ein Stück Natur ins Haus und schafft neben einer Wohlfühlatmosphäre auch ein gesundes Wohnraumklima.
Brandschutz erstmalig als eigenes „Gewerk“ ausgeschrieben
Das Erstellen eines Brandschutzkonzepts für einen mehrgeschossigen Holzbau dieser Größenordnung ist grundsätzlich eine Herausforderung, da die normativen Grundlagen für Brandschutzprodukte, die für Abschottungen im Massivbau gelten, noch nicht abschließend vorhanden sind. „Für alle sich im Gebäude befindlichen Abschottungsarten muss eine detaillierte Planung erfolgen. Dies bedeutet, dass für alle Abschottungssituationen Prüfergebnisse aus Normbrandversuchen vorliegen müssen, um hier einen Nachweis über 90 Mi-nuten zu erwirken“, fasst Nils Eichentopf-Janssen, M. Eng. Brandschutz, Hilti Deutschland AG, die Herausforderungen zusammen. Bei rund 1.500 Abschottungen im Gebäude plus vieler zusätzlich benötigter Abschottungen wie z.B. Gebäudefugen, ein umfangreiches Unter-fangen. Daneben mussten auch noch einige zusätzliche Brandschutzprüfungen für einzelne Rohre durchgeführt werden, da die für den Bau vorgeschriebene Sprinkleranlage durch Holz-decken und Holzfußböden sowie entlang der Holzfassade des Gebäudes geführt wird.
Damit der Bauablauf im mehrgeschossigen Holzbau reibungslos funktioniert und Effekte wie beispielsweise ein hoher Grad der Vorfertigung von Holzbauteilen, die einen schnelleren Baufortschritt ermöglichen, zum Tragen kommen, ist eine detaillierte Vorplanung erforderlich. Damit ist der Planungsprozess im Vergleich zum Massivbau umgedreht, bei dem die Detail-planung baubegleitend erfolgt. Im Projekt „Roots“ betrug allein die Vorplanung zwei Jahre; bei den Planungsmeetings saßen alle am Bauvorhaben Beteiligten, angefangen beim Inves-tor über die TGA-Planer, Bauplaner, Sachverständige für Brandschutz sowie Hilti für den baulichen Brandschutz und Brandschutz-Ingenieurberatung, an einem Tisch. Auch die Holz-baufirma war fester Teil des Planungsteams und in Vorplanung mit eingebunden. „Der frühe Planungsprozess ist bei Holzbauprojekten ungemein wichtig, da nur so gewährleistet ist, dass der Einsatz aller beim Bau Beteiligten gut abgestimmt ist“, so Benedict Pielmeier, Projektleiter & Bauleiter „Roots“, GARBE Immobilien Projekte GmbH.
Auch für den Brandschutz, der Bestandteil der intensiven Vorplanung war, zahlt sich die frühe und detaillierte Planung aus: Für das Projekt „Roots“ wurde der Brandschutz erstmalig als eigenes Gewerk ausgeschrieben, der an eine Fachfirma vergeben wurde. Daneben er-folgte in der Vorplanung eine enge Abstimmung mit dem Elektriker, den TGA-Planern, den Brandschutzsachverständigen sowie mit den Prüfingenieuren. „Diese Maßnahme hat sich als hilfreich für den weiteren Projektverlauf herausgestellt. Auch wenn wir teils sehr intensive Planungsrunden hatten, haben wir viele Anwendungsfälle für Kabel und Rohrdurchführungen, sowie die Lüftungsleitungen, bereits im Vorfeld durchdacht und hatten so wenig Überraschungen während des Bauablaufs“, so Nils Eichentopf-Janssen. Und auch im weiteren Bau-ablauf zahlt sich die frühe und sehr in die Tiefe gehende Planung aus: „Wir haben bei so einem Projekt zwar einen höheren Zeitaufwand für die Vorplanung, sind aber dann schneller im Bau, da viele Fragen, die im Bauablauf auftreten, bereits bei der Planung berücksichtigt wurden“, fasst Benedict Pielmeier zusammen.